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Wirtschaft
25.03.2024

Nachhaltig und digital: Innovationspreis Steiermark verliehen

Innovative steirische Unternehmen und Institutionen wurden für ihre zukunftsorientierten Projekte ausgezeichnet.

Die diesjährigen Gewinner des Innovationspreises Steiermark stehen fest: Im Bereich Nachhaltigkeit siegten die TOWERN3000 Projekt- und Medienagentur GmbH aus Schladming (Kleinst- und Kleinunternehmen), die Kiubo GmbH aus Graz (Mittel- und Großunternehmen) sowie die HyCentA Research GmbH unter den Institutionen der angewandten Forschung und Entwicklung (F&E). Die Sieger in der Kategorie Digitalisierung sind die Grazer Unternehmen PJ Monitoring GmbH (Kleinst- und Kleinunternehmen), die capito – CFS GmbH (Mittel- und Großunternehmen) und die Virtual Vehicle Research GmbH (Institutionen der angewandten F&E).

Vorreiter in Digitalisierung und Nachhaltigkeit

„Die ausgezeichneten Unternehmen und Forschungseinrichtungen unterstreichen auf beeindruckende Art und Weise, warum die Steiermark eine der innovativsten Regionen in Europa ist. Die Preisträger bearbeiten höchst erfolgreich die beiden großen Themen unserer Zeit – die Digitalisierung und die Nachhaltigkeit – und entwickeln dabei Lösungen, die einen enormen Mehrwert für die Gesellschaft bringen“, so Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl. Aus allen eingereichten Projekten wurde vom Industriewissenschaftlichen Institut (IWI) anhand von Innovationskriterien eine Shortlist mit drei Finalisten in jeder der sechs Kategorien erstellt. Die Sieger wurden von einer Fachjury unter dem Vorsitz von Infineon-Chefin Sabine Herlitschka gekürt.

Die intelligente Energiefassade

Das Kleinunternehmen TOWERN3000 Projekt- und Medienagentur GmbH hat die intelligente Energiefassade CEPA entwickelt und sich damit den Sieg in der Kategorie Nachhaltigkeit geholt. CEPA funktioniert wie eine Fußbodenheizung, welche im Zuge einer Sanierung oder eines Neubaus an der Außenwand eines Gebäudes praktikabel und minimalinvasiv in einem Umsetzungsschritt angebracht wird, während die Bewohner in ihren Wohnungen bleiben können. Die bestehende Gebäudeaußenwand übernimmt in weiterer Folge die Funktion eines riesigen Energiespeichers und wird zum Heizen und Kühlen der dahinterliegenden Wohnungen genutzt. Der große Vorteil der CEPA-Technologie ist, dass sie unabhängig von der Art des Energieträgers und des Versorgungssystems funktioniert (egal ob Strom, Gas, Photovoltaik, Erdwärme, Pellets-Zentralheizung, etc.). Durch die Belegung der Außenwände durch den „CEPA energy distributor“ erhöht sich das Potential, die Leistungskurven, beispielsweise einer Wärmepumpe, abzuflachen und somit laufende Kosten zu senken. Jede bestehende Anlage kann demnach, nach positiver Bewertung des bestehenden Mauerwerks, mit CEPA nachgerüstet und kombiniert werden. Die Außenwände eines Gebäudes, unabhängig davon, ob es sich um ein Wohngebäude, ein Bürogebäude, ein Betriebsgebäude, oder eine Schule handelt, können energetisch und zentral im Niedertemperaturbereich mit CEPA im Kühl- oder Heizbetrieb ausgestattet werden. Die Nachrüstung ist auch im bewohnten Zustand möglich.

Kiubo als nachhaltiges Bausystem

Unter den mittleren und Großunternehmen siegte die Kiubo GmbH aus Graz. Demnach stellt Kiubo eine ganz neue Art des Wohnens und Bauens dar. Es ist ein modulares und nachhaltiges Bausystem, das völlig flexibel funktioniert. So macht es Kiubo möglich, Wohnungen zu bauen, die sich dem Leben anpassen und je nach Bedarf vergrößert, verkleinert oder umgesiedelt werden können. Das System ist dabei denkbar einfach: Hochwertige Wohneinheiten aus Holz (Module) werden in einer Halle industriell vorgefertigt. Baugerüste (Terminals) nehmen diese Module variabel wie ein Setzkasten auf. Im Stecksystem können Module gänzlich flexibel eingeschoben, getauscht, verbunden, erweitert, herausgenommen und woanders wieder eingesetzt werden. Ein Modul ist dabei immer 25 Quadratmeter groß. Die Wohneinheiten sind erweiterbar und wachsen in 25-Quadratmeter-Schritten oder können auch wieder verkleinert werden. Die nachhaltigen Holzmodule können im ländlichen Bereich in kleiner Zahl kombiniert werden sowie im städtischen auf bis zu 120 Wohnungen und bis zu sechs Stockwerke heranwachsen. Sie sind in nur drei Stunden in den Terminal eingeschoben und bezugsfertig angeschlossen.

Wasserstoff als Energieträger der Zukunft

Um erneuerbaren Wasserstoff als Energieträger der Zukunft zu etablieren, darf seine Herstellung nicht mit der Emission klimaschädlicher Gase einhergehen. Eine Möglichkeit zur emissionsfreien Herstellung von Wasserstoff stellt die Wasserelektrolyse dar. Diese ermöglicht die Nutzung von erneuerbaren Stromspitzen und eine Speicherung dieser Energie in Form von Wasserstoff. Kern eines Elektrolysesystems ist der Elektrolysestapel, der aus mehreren in Serie geschalteten Elektrolysezellen aufgebaut ist. Mehr Zellen ermöglichen eine größere elektrische Anschlussleistung und dadurch eine gesteigerte Wasserstoffproduktion. Für die Skalierung der Wasserstofferzeugung in den kommenden Jahren, ist es wichtig, die Kosten für die Systeme zu reduzieren und deren Lebensdauer zu erhöhen. Es müssen Verfahren und Methoden entwickelt werden, um Elektrolysestapel zu testen, analysieren und optimieren zu können. Dazu entwickelte die HyCentA Research GmbH ein Messgerät für Impedanzspektroskopie an Elektrolysestapeln, die bis dato bei großen elektrischen Anschlussleistungen nicht durchgeführt werden konnte. Die Messergebnisse sind dabei essentiell, um die Entwicklung verschiedener Elektrolysetechnologien für die nachhaltige Wasserstofferzeugung voranzutreiben. Mit dem Projekt wurde HyCentA als Institution der angewandten F&E im Bereich der Nachhaltigkeit als Sieger gekürt.

Bahnbrechende Innovation im Schienen­güterverkehr

In der Kategorie Digitalisierung siegte das Kleinunternehmen PJ Monitoring mit einer wortwörtlich bahnbrechenden Innovation. Demnach ist die Überprüfung im Bahntransport der Bremsen elementar, da es sich um einen vorgeschriebenen, sicherheitsrelevanten und aufwändigen Prozess handelt. Die Kontrolle jeder einzelnen Bremse eines Güterwagens muss alle 24 Stunden durchgeführt werden, auch bei stillstehenden Güterzügen sowie auch bei jedem neu formierten Zug. Der Prozess wird – wie alle Abläufe – manuell durchgeführt. Die von PJ Monitoring entwickelte „Automatische Bremsprobe“ ist ein System, mit welchem die Überprüfung der Güterwagenbremsen erstmals seit 100 Jahren in der Geschichte des Schienengüterverkehrs völlig automatisiert durchgeführt wird. Das System ist weltweit einzigartig, von den Behörden zugelassen, patentiert und bereits im Betrieb. Somit kann die betriebliche Bremsprobe in kurzer Zeit von einer Person aus der Ferne per Tablet durchgeführt werden. Der mehrfache Rundgang um den Zug entfällt. Die automatisierte Bremsprobe erfüllt hinsichtlich des Betriebs und des Fahrzeuges sämtliche sicherheitsrelevanten Vorgaben und stellt das Referenzsystem für den automatisierten Bremsprobenprozess für Güterwaggons in Europa dar. Durch den vollständig automatisierten Prozess ist die Bremsprobe sehr viel schneller (fünf Minuten statt bisher rund 45 Minuten), effizienter, sicherer und spart wertvolle Zeit sowie Ressourcen.

KI zur Sprach­vereinfachung

Schon früh erkannte das Unternehmen capito, dass viele Menschen Texte von Behörden oder Unternehmen nicht verstehen. Dies führt demnach nicht nur zu individuellem Ärger, sondern verursacht auch enorm hohe Kosten für Unternehmen und die öffentliche Hand. Um das vereinfachte Wissen über Schrift und Sprache zu verbreiten, wurden in einem ersten Schritt eine Vielzahl von Algorithmen entwickelt, um Texte auf ihren Komplexitätsgrad hin zu analysieren und jene Punkte zu identifizieren, welche das Verstehen erschweren bzw. im Hinblick auf bessere Verständlichkeit geändert werden sollten. Anschließend wurde aus dieser Arbeit ein großer Datenpool an Texten, welcher digitalisiert und so zu wertvollen Trainingsdaten wurde. In Kooperation mit führenden Fachleuten am Institut für Computerlinguistik an der Universität Zürich wurde mit diesen Daten eine KI zur Sprachvereinfachung entwickelt. Durch diese Technologie kann capito qualitative Ergebnisse der Sprachvereinfachung liefern, KI gezielt auf spezielle Textsorten hin trainieren sowie Vereinfachungen auf drei verschiedenen sprachlichen Komplexitätsstufen erstellen. Mit dieser technologischen Innovation siegte das Unternehmen in der Kategorie Digitalisierung unter den Mittel- und Großunternehmen.

„vehicle­CAPTAIN toolbox“ – kompakt, modular und flexibel

Wenn selbststeuernde Autos auf die Straßen kommen, brauchen sie in Echtzeit Informationen über andere Verkehrsteilnehmer – am besten, indem sie Sensordaten untereinander sowie mit der Infrastruktur austauschen. Im Rahmen des Forschungsprojektes der VIRTUAL VEHICLE Research GmbH in Graz wurde dafür die „vehicleCAPTAIN toolbox“ entwickelt, mit der sich das Unternehmen den Sieg in der Kategorie Digitalisierung unter den Institutionen der angewandten F&E holte. Demnach reduziert die kompakte, modulare und flexible Plattform den initialen Entwicklungsaufwand für junge F&E-Einrichtungen und Startups erheblich. Zum einen werden Softwarebibliotheken und ein Programmcode zur Verfügung gestellt, mit denen komplexe Codierungsstandards sofort von Endanwendern für automatisierte Fahrzeuge, Infrastruktur oder mobile Apps verwendet werden können, zum anderen kommt eine Hardware-Plattform zum Einsatz, das „vehicleCAPTAIN Development Kit“, welches einen schnellen Start zur physischen Kommunikation ermöglicht. Damit können innerhalb kurzer Zeit innovative Applikationen erstellt werden.

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WISSENSWERT

Der Innovationspreis Steiermark ist der offizielle Wirtschaftspreis des Landes Steiermark. Im Mittelpunkt steht die inhaltliche Ausrichtung auf die beiden Themen-Schwerpunkte „Nachhaltigkeit“ und „Digitalisierung“. Der Preis wird dabei jeweils in den Kategorien „Kleinst- und Kleinunternehmen“, „Mittel- und Großunternehmen“ sowie „Institutionen der angewandten Forschung und Entwicklung“ verliehen.

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